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Bemerkungen über den Krieg (9)

Was wir gerade in der Ukraine erleben, ist keine unbekannte Situation. Der Krieg ist statisch geworden. Die Front bewegt sich kaum. Um jeden Quadrtkilometer Boden wird heftig gerungen. Die Russen haben sich verschanzt und die Ukraine rennt verzweifelt dagegen an. Was Menschen an der Front erleben, kann man in den Büchern über den ersten Weltkrieg nachlesen. Jünger hat es in „In Stahlgewittern“ oder Remarque in „Im Westen nichts Neues“ beschrieben.

Ein Grauen!

Je länger dieses Grauen anhält, desto schwerer wird es, nicht nur militärisch, sondern besonders auch psychologisch einen Ausweg zu finden. Es ist ein bekannter psychologischr Mechanismus: Wenn man für eine Sache schon sehr viel geopfert und erlitten hat, dann wächst die Fixierung auf die Sache. So ist es in qualvollen (gewalttätigen) Beziehungen, wo mann/frau nicht gehen kann oder eben im Krieg, wo es immer schwerer wird, einen Ausweg zu finden.

In diesem Krieg gibt es nur drei Möglichkeiten:

Rußland gewinnt den Krieg
Die Ukraine gewinnt den Krieg
Einer von beiden wird vor Erschöpfung aufgeben.

Momentan sieht es so aus, als würde keiner von beiden den Krieg gewinnen können. Die (westlichen) „Wunderwaffen“ bewirken doch nicht was der Name verspricht und auch wenn der Ruf nach noch mehr Waffen gerade wieder lauter wird, muss man annehmen, dass die neuen Waffen, die erhoffte Wende für die Ukraine nicht bringen werden.

Also läuft derzeit alles auf einen Abnutzungskrieg heraus. Wladimir der Schreckliche ist davon überzeugt, dass er dabei den längeren Atem hat und dieses zynische Kalkül ist nicht unwahrscheinlich, denn die Alternative wäre, dass das russische Volk oder das Militär den Aufstand wagt. Zudem ist damit zu rechnen, dass der Westen früher oder später tatsächlich kriegsmüde werden wird.

Auf der Gegenseite hat Herr Selensky bei seinem Volk Hoffnungen geweckt, die sich allem Anschein nach nicht erfüllen lassen. Er kann aber von diesem hohen Ross der Befreiung aller ukrainischen Gebiete nicht mehr herunter, ohne das Gesicht zu verlieren und erhebliche Unruhe im Volk auszulösen.

Der Konflikt steckt also in einer unlösbaren Falle und hierin ähnelt der Situation während des ersten Weltkrieges. Das bedeutet: Das Grauen geht weiter und jede denkbare Alternative wird den Konflikt nicht lösen.

Abgesehen von der unwahrscheinlichen Möglichkeit, dass Rußland zusammenbricht und sich vollständig aus den besetzten Gebieten zurückzieht und der ebenso unwahrscheinlichen Möglichkeit, dass die Ukraine alle besetzten Gebiete zurückerobert, wird es also früher oder später darauf hinauslaufen, dass die Ukraine auf Gebiete verzichten muss. Dies wird die inneren Verhältnisse in der Ukraine destabilisieren, Russland aufwerten und einen brandgefährlichen Unruheherd am Rande Europas schaffen.

Schaurige Aussichten.