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Herr K. , der ewige Optimist

In einer Zeit in der die Nachrichten und Kommentare das Ende aller Zeiten zu verkünden scheinen, fällt es keinem leicht, seinen Optimismus zu behalten. Wenn ein grausamer Stellungskrieg in der Ukraine keinerlei Aussicht auf Frieden aufkommen lässt, wenn ein grauenvolles Massaker an Israelis den Glauben an die Menschlichkeit raubt, wenn ein entsetzlicher Krieg im Gazastreifen, selbst siegreich, keine Lösung bringen wird, wenn Klimakatastrophe, Artensterben, Flüchtlingskrise, Antisemitismus, Islamophobie, Rechtsradikalismus und nicht zuletzt die Dummheit sich wie eine siebenköpfige Hydra über die Welt auszubreiten scheinen, wenn eine Zeitung uns immerhin noch fünfeinhalb Jahre Zeit gibt, siebzehn Nobelpreisträger hingegen der Meinung sind, dass der Weltuntergang lediglich neunzig Sekunden entfernt sei, dann sinkt selbst beim Stärksten der Mut!

In dieser Zeit wird Herr K. gefragt, wie er das alles aushalte und er antwortet für seine Verhältnisse ungewöhnlich persönlich:
„Zuerst habe ich versucht die Nachrichten zu ignorieren, aber das ist unmöglich.
Dann habe ich versucht, mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass der Weltuntergang schon seit Jahrtausenden angekündigt und doch immer wieder aufgeschoben wird.
Aber meine Laune besserte sich nicht.
Außerdem habe ich Geld gespendet, auf Müllvermeidung geachtet, Energie gespart, das Flugzeug vermieden, wenig Fleisch gegessen, weil ich mir so wenigstens sagen kann, dass es nicht an mir gelegen hat.“

„Ja, das kennen wir“, stimmen die Fragenden zu. „So ähnlich machen wir das auch.“

„All das hat nichts genutzt“, setzt Herr K. fort.  „Aber was mich doch beruhigt, ist der Blick ‚on the long run‘, wie der Amerikaner sagt, denn das Erstaunliche ist, es wird seit Jahrzehnten besser.“

Als er die ungläubigen Blicke seiner Zuschauer sieht, holt er zu einem kleinen Vortrag aus:

„Seit dem Zweiten Weltkrieg haben sowohl kriegerische Auseinandersetzungen als auch die Armut auf der Welt permanent abgenommen1 und das gibt Anlass zur Hoffnung. Ich glaube, dass die Völker der Welt auf dem Weg sind zu begreifen, dass sie die Probleme nur gemeinsam lösen können. Natürlich ist das ein sehr langer Prozess und vermutlich dauert er nicht nur ein paar Jahrzehnte sondern Jahrhunderte und zwischendurch wird es viele Rückschläge und selbstgemachte Katastrophen geben. Aber der Mensch lernt aus Krisen und Katastrophen, wenn auch langsam. Sehen Sie sich Europa an. Jahrhundertelang herrschte immer wieder Krieg. Seit fast achtzig Jahren ist das innerhalb dessen, was wir heute Europäische Union nennen, vorbei. Europa ist ein Beispiel wie es gehen kann, die Weltklimakonferenzen ein anderes. Sie bringen vielleicht nicht sofort die gewünschten Ergebnisse, sind aber ein Schritt hin zum gemeinsamen Verständnis der Welt.
Ich gebe zu, bevor die Menschheit wirklich so weit ist, wird noch viel Unglück geschehen, aber in zweihundert oder dreihundert Jahren werden die Historiker vielleicht zurückschauen und sagen, damals, da haben weise Frauen und Männer den Blick geweitet, da hat es begonnen.“

Herr K. schaut in die skeptischen bis verzweifelten Gesichter seiner Zuhörer, als einer sich erhebt und fragt: „Und was können wir jetzt tun?“

Herr K. lächelt und meint: „Weitermachen. Wie bisher!“

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auch lesenswert: Herr K. und ein Wunder – Peter K.

  1. siehe Vortrag von Prof. Tanja Börzel (Freie Universität Berlin) am 16.10.2023 ↩︎