Herr K. war bei einer Familie mit zwei Jugendlichen zum Abendessen eingeladen. Es ist eine Familie in der viel diskutiert wird und so entspann sich nach kurzer Zeit ein heftige Diskussion über den richtigen Umgang mit Sprache. Die Jugendlichen kritisierten aufs Schärfste, dass alte Bücher mit rassistischen, fremden- oder frauenfeindlichen Ausdrücken heute noch erscheinen dürften. Sie forderten die Entfernung oder mindestens die Überarbeitung solcher Bücher, um Rassismus, Fremden- und Frauenfeindlichkeit keinen Platz zu geben. Der Hinweis des Vaters, dass dies verdammt viel Ähnlichkeit mit der Bücherverbrennung der Nazis hätte, wurde mit großer moralischer Empörung zurückgewiesen, denn die jungen Leute wären schließlich gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit und die Nazis hätten genau das Gegenteil gewollt. Als darauf der Vater äußerte, dass die Nazis wahrscheinlich auch dachten, das Richtige zu vertreten, eskalierte die Situation und die beiden Jugendlichen verließen empört den Tisch.
Die Mutter, die versucht hatte, die Situation zu beruhigen, sagte zu ihrem Mann: „Du bist zu weit gegangen.“
Noch erregt von der Diskussion erwiderte der Vater: „Vielleicht, aber ich habe mühsam lernen müssen, dass die Welt nicht durch Worte besser wird, sondern nur durch Taten. Das waren bittere Erfahrungen, aber an ihnen bin ich gereift. Unseren oberschlauen Kindern fehlt es an Reife und Menschenkenntnis.“
Daraufhin wendete er sich an Herrn K., der die Diskussion schweigend verfolgt hatte und fragte: „Oder, was meinen sie Herr K.?“
„Nun“, sagte Herr K. lächelnd, „junge Menschen halten sich für oberschlau und alte meist für weise, vermutlich irren sie sich beide.“
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4 Antworten auf „Herr K. und die Bücherfrage“
Sehr weise. Wieder mal.
(o;
„junge Menschen halten sich für oberschlau und alte meist für weise, vermutlich irren sie sich beide.“
Das sehe ich so ähnlich, allerdings mit einem kleinen Unterschied:
Die Wahrscheinlichkeit mit der sich beide Gruppen irren ist aus meiner Sicht auf Grund der gemachten Lebenserfahrungen sehr unterschiedlich.
Ich tendiere da so auf 80% zu 20%. (80% Irrungen der Jungen und 20% der Alten.)
Das sehe ich ähnlich, stimme aber bei dem konkreten Beispiel eher den Jugendlichen zu. Was spricht dagegen, alte Bücher zu überarbeiten, bzw. mit entsprechenden Fußnoten zu versehen. Es gibt gute Bücher, die – heute zu Recht verpönte -Wörter, wie: Zigeuner, Indianer, Neger etc. beinhalten. Den Diskurs würde eine Überarbeitung eher beflügeln, als ein Verbot. Den Nazi / Bücherverbrennungsvergleich finde ich etwas überzogen.
[…] Auch interessant: https://peterk.berlin/2023/04/22/herr-k-und-die-buecherfrage/ […]