Kategorien
...erzählt

Herr K. und der Kampf gegen das Alter

Neulich traf Herr K. eine gleichaltrige Nachbarin. Wie es ab einem gewissen Alter üblich ist, sprachen sie über Krankheiten, Zipperlein und darüber, was alles wehtut.

Dabei berichtete Herr K., dass er seit längerem Pilates mache und seitdem keine Rückenschmerzen mehr habe. Die Nachbarin schaute Herrn K. an und meinte: „Ich finde das toll, dass sie so gegen das Älterwerden kämpfen.“

Herr K. stutzte einen Augenblick und meinte: „Oh, da haben Sie mich missverstanden, ich kämpfe nicht gegen das Alter, kämpfen würde ich nur, wenn ich eine Chance auf den Sieg hätte.“

Kategorien
...erzählt

Herr K. und was es bedeutet, eine Partnerschaft zu führen

Bei einem Spaziergang erzählte ein Freund dem Herrn K., dass er nun das dritte Mal geschieden sei und er frage sich, woran das liege. Anfangs wäre er jedes Mal verliebt und glücklich gewesen, aber nach einiger Zeit hätten ihn immer irgendwelche Dinge gestört.

Bei der Ersten war es das laute Schlucken beim Trinken, das ihn wahnsinnig machte und zudem die ständige Befürchtung seiner Frau, er würde fremd gehen.
Bei der Nächsten störte ihn, dass sie immer überprüfen musste, ob er auch tatsächlich die Tür abgeschlossen hatte, wenn sie das Haus verließen und noch schlimmer, dass sie immer alles mit ihm zusammen machen wollte. Nie habe er Zeit für sich allein gehabt.
Bei der Dritten habe deren ständige Rechthaberei ihn so weit getrieben, dass er in große Wut geraten sei. Ob Herr K. wisse, was das Geheimnis einer guten Beziehung sei?

Herr K. lächelte und meinte: „Eine gute Partnerschaft führen, heißt einander ertragen zu können.“

Kategorien
...erzählt

Herr K. und seine Gewissensnöte

„Vor 40 Jahren haben Sie den Kriegsdienst verweigert, mit der Begründung, dass es sie in zu große Gewissensqualen stürzen würde, wenn sie einen Menschen töten müssten. Daran, so sagten Sie, würden Sie zerbrechen.“
„Ja“, antwortete Herr K.
„Und heute?“
„Heute zerbreche ich an der Erkenntnis, dass das Schlimmste manchmal nur mit Gewalt und Krieg verhindert werden kann.“

„Würde es Sie in einem solchen Fall immer noch in Gewissensqualen stürzen, einen Menschen zu töten?“
„Ja“, sagte Herr K., „aber ich hätte die Hoffnung, damit das Schlimmste zu verhindern.“

Kategorien
...erzählt

Herr K. und ein Wunder

Gestern war Herr K. zu einem Abendessen eingeladen. Mit am Tisch saß Deborah, eine amerikanische Freundin des Gastgebers und die erzählte eine Geschichte, die sich wie eine antike Tragödie mit Happy End anhört.

Deborah wuchs in einer typischen, amerikanischen Vorstadtfamilie in der Nähe von New York auf. Allerdings ganz so typisch war die Familie doch nicht, denn die Eltern hatten ihre drei Kinder, zwei Söhne und eben Deborah adoptiert.

Jason, der mittlere Sohn, war stets ein introvertiertes Kind gewesen, schweigsam, immer mit sich beschäftigt und schon früh an Musik und Poesie interessiert. Dieses Interesse wurde bei dem älter werdenden Jungen immer stärker. Mit 14 Jahren kreisten seine Gedanken ausschließlich um Musik und Poesie. Es war klar, Jason wollte Musiker werden.

Der Vater, ein anerkannter Arzt, war ein liebevoller und verantwortungsbewusster Vater und machte sich, wie alle Väter, Sorgen um die Zukunft seines Sohnes. Brotlose Musik war nicht, das was er sich für seinen Sohn erträumte und er versuchte Jason davon abzubringen und drängte ihn einen anderen Weg einzuschlagen. Jason wehrte sich gegen dieses Ansinnen, aber scheinbar um den Preis, dass er immer stärkere, psychische Probleme zeigte. Er litt unter schweren Depressionen, Selbstmordgedanken und unter schizophrenen Schüben.

Wie bei adoptierten Kinder üblich, kam auch bei Jason die Phase, als er mehr über seine leiblichen Eltern erfahren wollte, aber es gab keine Information, denn, soviel erfuhr er, man hatte ihn im Mai 1969 als Neugeborenen in einer Babyklappe eines Krankenhauses in New Jersey gefunden.

Jason wurde Musiker, aber er blieb eine fragile Persönlichkeit.

Viele Jahre später, Jason war bereits über vierzig, machten seine Adoptiveltern Ferien in Vermont und lasen in der New York Times den Leserbrief einer Frau, die zu einem Artikel über Babyklappen Stellung nahm. Die Autoren des Artikel hatten die These aufgestellt, dass Mütter, die Kinder an einer Babyklappe abgeben, großes emotionales Leid verspüren müssten. Diese Frau aber schrieb, dass sie, anders als behauptet, keine großes Leid gehabt habe, als sie ihren Sohn im Mai 1969 in einer Babyklappe eines Krankenhauses in New Jersey abgelegt habe. Im Gegenteil sie war froh über diese Möglichkeit, sie habe gute Gründe für diesen Schritt gehabt und sie glaube nach wie vor, dass es das Beste für das Kind gewesen sei.

Die Eltern von Jason waren elektrisiert, denn es war nahezu unmöglich, dass es keinen Zusammenhang zwischen Jason und dieser Leserbriefschreiberin gab. Die Eltern informierten Jason und es gelang Kontakt mit dieser Frau aufzunehmen, die sich tatsächlich als seine Mutter herausstellte. Natürlich wollte Jason seine Mutter kennenlernen, aber um den fragilen Jason nicht mit dieser schwierigen, hochemotionalen Situation alleine zu lassen, organisierten die Eltern ein Treffen mit ihnen selbst, der leiblichen Mutter und Jason.

Herr K. erfuhr nicht genau, wie dieses Treffen ablief, aber, so berichtete Deborah, als Jason leibliche Mutter erzählte, dass Jasons Erzeuger aus einer Musikerfamilie stammte, stammelte Jasons Vater entsetzt: „Und ich Idiot habe mein Leben lang versucht, Jason davon abzubringen, Musiker zu werden.“

Für Jason war das der Moment an dem nach langer Dunkelheit, endlich die Sonne durch die Wolken brach und ihm Licht und Wärme brachte.

Deborah berichtet, dass Jasons schizophrenen Schübe, Depressionen und Selbstmordgedanken von Stund an verschwunden waren.

Herrn K. kommentierte dies mit der Bemerkung: „Was einmal mehr zeigt: ‚Es gibt kein richtiges Leben im falschen‘.“[i]

[i] Theodor W. Adorno: Minima Moralia

Kategorien
...erzählt

Herr K., die Menschen und die Natur

Herr K. geriet in eine Diskussion junger Leute. Mit Freude hörte er ihrem Enthusiasmus und ihren Überzeugungen zu. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand die Zerstörung der Natur durch den Menschen und alle waren sich einig, dass es daran läge, dass der Mensch nicht der Natur entsprechend lebe, ja, es wurde behauptet, dass der Mensch eine Fehlentwicklung der Natur sei.

Da warf Herr K. ein: „Die Natur ist stärker als der Mensch. Wenn der Mensch tatsächlich eine Fehlentwicklung der Natur ist, dann wird die Natur das korrigieren, es sei denn, der Mensch ist nicht Teil der Natur.“

Kategorien
...erzählt

Herr K. und die Dummheit der Menschen

„Warum sind sie so unglücklich?“, wurde Herr K. von einer Schülerin gefragt.

„Ich bin unglücklich, weil die Menschen so dumm sind“, antwortete er.

„Aber es gibt auch kluge Menschen“, versuchte die Fragende ihn ein wenig zu entkräften, „und sie sind sicher einer davon.“

„Bin ich etwa kein Mensch?“, fragte Herr K. erstaunt.

P.S. Vielleicht fällt Euch jemand ein, dem diese Geschichte auch gefallen würde. Dann schreibt dem- oder derjenigen doch eine kurze Mail mit dem Link.
Danke!
Euer Peter K.

Kategorien
...erzählt

Herr K. und die Demokratie

Eines Tages ging Herr K. in eine Eckkneipe, trat an die Theke und bestellte ein Bier. Der Gast neben ihm verwickelte ihn in ein Gespräch und kam nach kurzer Zeit auf die Politik zu sprechen. Für gewöhnlich vermied Herr K. politische Gespräche, aber er wollte nicht unhöflich sein. Der Mann schimpfte wie ein Rohrspatz über Politiker, die dumm seien, keine Ahnung hätten und sich nicht trauen würden, einmal hart durchzugreifen. „Das Schlimmste aber ist“, so seine Worte, „dass es ihnen immer nur um ihre eigene Macht geht.“

An dieser Stelle holte Herr K. tief Luft, um zu signalisieren, dass er etwa sagen wolle. Der Redner, wohl auf Zustimmung hoffend, machte eine erwartungsvolle Pause, worauf Herr K. sagte: „Macht ist und war immer verführerisch, genau aus diesem Grund wurde die Demokratie erfunden.“

P.S. Vielleicht fällt Euch jemand ein, dem diese Geschichte auch gefallen würde. Dann schreibt dem- oder derjenigen doch eine kurze Mail mit dem Link.
Danke! Euer Peter K.

Kategorien
...erzählt

Herr K. und die Angst

Herr K. traf eine Freundin, die einen bedrückten Eindruck machte. Auf die Frage, was los sei, erzählte sie, dass die Arbeit in der Klinik sie sehr belastet. Es gäbe nicht genügend Personal, daher müsse sie mehr als 60 Stunden die Woche arbeiten. Dazu kämen Rufbereitschaften als leitende Oberärztin, die dazu führten, dass sie sich am Wochenende nicht erholen könne. Das Privatleben würde unter dieser Situation zunehmend leiden. Manchmal sei sie verzweifelt.

Auf die Frage von Herrn K. warum sie sich nicht eine andere Arbeit suche, meinte sie: „Davor habe ich Angst.“

Herr K. schwieg eine Weile nachdenklich und entgegnete dann:
„Wo die Angst ist, ist die Tür.“

Kategorien
...erzählt

Eine merkwürdige Begebenheit

Sie hat einen Mann aus Albanien geheiratet.
War das eine Aufregung! Schockierte Eltern.
Albaner? Verbrecher!
Heute ist das anders. Es ist der liebste Schwiegersohn.
Sie hat albanisch gelernt. Bei den Schwiegereltern. Auf dem Dorf. In Albanien.
Bitterste Armut.
Der Sohn und seine Frau haben ein schönes Haus.
In Deutschland.

Die Schwiegereltern kommen zu Besuch.
Während des Frühstücks, nimmt der Schwiegervater Kaffeetasse und Stuhl und setzt sich vor die Haustür.
Sie wundert sich. Sie fragt: „Vater, was machst Du da?“
Er: „Ich warte auf die Müllabfuhr.“
Sie, verwirrt: „Warum wartest Du auf die Müllabfuhr?“
Er: „Du hast gesagt, dass um 10 Uhr die Müllabfuhr kommt, und ich will wissen, ob das wahr ist.“

Kategorien
...erzählt

Sonnenuntergang

 Gestern waren wir eingeladen 
 Auf einem privaten Empfang.
 Allerbeste Lage.
 Ein riesiges Wohnzimmer,
 feinste Designermöbel. 
 Am Fenster ein Steinway,
 ein Kandinsky an der Wand.
  
 Grüppchen verteilen sich im Raum
 man unterhält sich gepflegt. 
 Alles feine Leute. 
 Gebildet. 
 Klug. 
 Freundlich. 
 Eine angenehme Gesellschaft. 
  
 Auf silbernen Tabletts
 werden Häppchen gereicht.
 Delikat.
 Man lobt den Champagner.
 Diese Frische!
 Dieses Bouquet!
  
 Vor dem Fenster inszeniert die Sonne ihren Untergang.